GEO – 15.07.2018 Jerewan nach Agarak Grenze

Zuerst ging es heute in der Früh zum Busbahnhof. Von dort soll es möglich sein zur Grenze Armenien/Iran zu kommen. Die Busfahrer machten mir schnell klar das dorthin kein Bus von hier geht. Sie meinten am Bahnhof müsste es gehen, wussten es aber auch nicht sogenau. Jetzt um 8 Uhr ist es noch kühl und es macht mir auch nichts aus nochmal durch die Stadt zum schon bekannten Bahnhof zu fahren. Dabei bin ich auch an einer Markthalle vorbeigekommen. Auf dem Bürgersteig lagen die frischen abgeschnittenen Rinderköpfe noch mit Fell herum. Buhhhh den Anblick und Geruch brauche ich jetzt gar nicht. Kurz vor dem Erbrechen war ich schnell vorbei. Der Bauernmarkt am Bahnhof, bei dem die Bauern ihr Gemüse und die frischen Kräuter anbieten, war da schon angenehmer. Ich drängelte mich mit dem Rad durch die Menge und die Autos und ging direkt in den Bahnhof hinein. Kein Ticketschalter zu finden. Also direkt zu den Gleisen. Dort wurde ich sofort von einem netten und englisch sprechenden Polizisten angesprochen. Er bestätigt das es keine Züge mit Radmitnahme nach Meghri gibt. Er ging mit mir nach draußen und half mir einen Van zu finden der mich für 50000 DRAM dorthin bringt. Heiki, der Fahrer war sich schnell mit mir einig, ließ aber nicht mehr mit sich handeln. Der moderne und gepflegte Honda mit Automatischer Schaltung, immerhin schon 13 Jahre alt macht einen guten Eindruck auf mich. Heiki würde eine Rasur auch einmal guttun.
Bei verlassen der Stadt fahren wir an alten stillgelegten und verlassenen Industrieanlagen vorbei die so langsam aber sicher verrotten. Ziemlich an der Stadtgrenze werden Schafe auch direkt auf dem Bürgersteig geschlachtet und dann in den Iran gebracht. Das Blut läuft in die Rinne. Ich denke mir nur:HACCP? Was soll ich im Iran essen? Die gut ausgebaute Autobahn war nach 20 km vorbei. Der Berg Ararat war nur im Dunst/Nebel zu erahnen. Ihn zu sehen habe ich mir gewünscht. Nachdem ich ja in meinen jungen Jahren schon eine Menge im Religionsunterricht von ihm gehört habe. Alle paar Kilometer werden an der Straße Melonen und andere Früchte verkauft. Sie sind schön und farbig sortiert auf Gerüsten aufgebaut oder stehe einfach in Kisten oder Eimern am Boden.
In Jerewan bin ich bei 500 HM getestet, jetzt auf 1000 HM ist es immer noch grün. Die Felder werden hier bewässert. Das freut auch die Störche in ihren oft doppelt belegten Nestern.
Ich komme an einer großen Gärtnerei vorbei. Die Produktion dieser Industrieanlage geht bestimmt ins Ausland. Links und rechts von der Fahrbahn sehe ich in der Ferne die ersten Berge. Dahinter zeichnen Sie die Höhenzüge ab. Noch habe ich keine Ahnung was das für Berge sind. Manchmal geht mir die Laute und ungewohnte Musik auf den Nerv. Heute ist Techno und Rapp neben den traditionellen Liedern dabei.
Rechts ist jetzt in 1 Km Entfernung die Türkische Grenze. Armenien hat vier Anrainer Länder mit zwei davon versteht sich das Land gut. Mit den anderen beiden gibt es immer wieder Konflikte und diplomatische Spannungen. Was mich so durcheinander bringt ist das der offizielle Grenzübergang nur auf einer Linie von ca. 40 km im Süden und nur an einer Stelle in Agarak möglich ist. Von der Durchreise durch die abtrünnige Republik Bergkarabach wurde mit mehrmals abgeraten. Es soll die Korruption der staatlichen Organen vorherrschen. Ebenso sollen wieder Schüsse gefallen sein. Ob das alles so stimmt? Für mich war dann gestern Abend klar das ich umplane, auch wenn es mit Mehrkosten verbunden ist. Auf der Autobahn war die Geschwindigkeit 130 km/h auf der Landstraße 90 km/h und in den Bergen so 50 km/h. Am Ende hatten wir 57 km/h. Heute am Sonntag ist wenig Verkehr. Ich komme durch ein Weinanbaugebiet und es wird mir die große Fabrik gezeigt. Ich habe mir vor ein Paar Tagen einen hiesigen Rotwein gegönnt. Er war mir zu kalt und zu lieblich. Auch hier finden sich die ausgeschlachteten und verrosteten PKW und LKW Skelette wieder. Ein Eldorado für jeden Schrottsammler. Abgeerntete Felder werden hier einfach abgebrannt. Warum das so ist erklärt mir keiner. Auf der Karte waren viele kleine rechteckige Wasserflächen zu erkennen. Jetzt weis ich was das ist. Es ist eine gigantische Fischaufzucht Anlage. Kilometer lang schaue ich auf die Becken. Auch hier werden die Fische in Bassins an der Straße verkauft. Es geht stetig nach oben. Die Straße wird schmaler und auch holpriger. Der Ausblick ist grandios. Ein PKW steht mitten auf der Straße. Vor ihm eine große Schafherde mit den Schäfern. Gut abgesichert. Heiki schockt mich mit seine Überholmanövern. Ich rufe mehrmals Vorsicht, Achtung. Er schmunzelt nur.
Ein LKW ist vor wenigen Minuten mit einem Auto zusammengestoßen. Die Unfallstelle ist nicht abgesichert und es ist auch kein Verletzter zu sehen. Der Opel ist stark demoliert. Wie geht es dem Fahrer? Ich will es gar nicht wissen. Heikis Fahrweise macht mir zunehmend Angst. Er wird jetzt auch noch Müde. Ich spreche die ganze Zeit mit Ihm. Ich sterbe mit jedem Höhenmeter einen Tod. Wir sind bis zur Grenze am Ende 6615 HM gefahren. Ich sitze verkrampft im Auto. Wir machen zwei Kaffeepausen und halten an einer Wasserstelle hoch oben mit einem grandiosen Ausblick an. Das kalte Wasser tut uns beiden gut. Wir füllen unsere Flaschen und lassen das Wasser über den Kopf und das Gesicht laufen. So muss eine Quelle sein. Ich sehe einen Liegeradler mit Anhänger in meine Richtung radeln. Ein ander schiebt auf 2220 Hm sein Rad uns entgegen. Für mich ist das nicht machbar. Hut ab und allen Respekt diesen Kämpfern. Respekt hat Heiki vor den Blitzern. Er bremst immer brav ab. Dann gibt er wieder Gas. Von der Polizei hält er nichts. Oberklasse Autos habe meist ein Russisches Kennzeichen. Diese fahren auch wie die Henker. Verpflegungsstellen und Herbergen gibt es genug auf der Strecke. Apropos Strecke. Diese Strecke habe ich mir vor über einem Jahr zuerst zusammengestellt. Sie aber wegen der Berge und Höhenmeter wieder verworfen. Hätte, hätte, Fahrradkette. Zweimal fahren wir auf eine Tankstelle um Gas zu tanken. Mehrmals halten wir an weil das Auto nicht mehr richtig zieht. Motor aus, Motor an und das Gaspedal voll durchgetreten. Dann läuft es wieder. Heiki schimpft auf das teure und schlechte Gas. Oben in den Bergen gibt es auch noch einen kleinen See. Er ist von oben schön anzusehen. Ich kann mich jedoch nicht so gut darauf konzentrieren. Die Angst ist bei mir. Hunderte Bienenstöcke stehen in den Feldern. Den Honig kann man auch hier gleich kaufen. Bei Gori geht es rechts ab zu den Wings of Tatev. Einer Seilbahn die zum Kloster über eine Schlucht führt. Das muss ich auch nicht haben….
Heute habe ich eine Toilette auf der Tankstelle gesehen. Der Anblick und der Geruch waren das schlimmste was ich in so einer Anlage gesehen habe. Ich kann und will es hier gar nicht beschreiben. Nach 280 Km waren die Berge grün und mit Laubbäumen bewaldet.
In Karpan stehen auch die Hochhäuser aus sowjetischen Zeiten. Kühe wandern durch die Stadt in verrichten das Geschäft einfach so vor der Haustür.
Die Panoramen hoch oben erinnern mich an Anblicke in Österreich. Ein Feuerwehrauto steht auf 2200 Metern. Auf Nachfrage stellt sich heraus das hier vor drei Tagen ein Auto die Böschung runter ist. Jetzt wollen sie es wieder hochholen. Ich werde stiller. Ich vertraue den Leitplanken, wenn sie den mal da und in Ordnung sind, nicht mehr. Ich verlasse das Auto an der Grenze erleichtert. Zu meinem Hotel sind es zwei Kilometer. Ich fahre die ersten 500 m. Danach kann ich nicht mehr radeln. Der Hals ist trocken und der Kopf ist Matsch. Diese Hitze zwingt mich in die Knie. Ich bin fertig.

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