Ein kühler Morgen empfängt uns auf dem Heinz Sielmann Höhenweg. Die Luft ist frisch, fast spürbar rein, durchzogen von dem erdigen Duft des Herbstes: eine Mischung aus feuchtem Laub, Moos und einem Hauch von Verfall, der zugleich von Neuanfang erzählt. Der Weg windet sich durch die farbenfrohe Herbstlandschaft, wo das Laub in sämtlichen Nuancen leuchtet – von sattem Grün über strahlendes Gelb bis hin zu tiefem Rot und Braun. Unter den Stiefeln raschelt und knistert das trockene Laub, während an feuchten Stellen das dumpfe schmatzende Geräusch von matschigem Boden die Stille durchbricht.
Die Sonne kämpft sich durch den Hochnebel und wirft weiche, goldene Lichtstrahlen auf den Wald. Schatten und Licht spielen auf den mächtigen Stämmen von Buchen und Eichen, die seit Jahrzehnten hier stehen. Am Wegrand entdecken wir Spuren von Wild: die feinen Trittsiegel von Rehen, daneben die kräftigeren Abdrücke von Schwarzwild. Ein kurzes Rascheln im Unterholz lässt uns innehalten, doch die Quelle bleibt verborgen.
In der klaren Nacht zuvor hat der Vollmond die Landschaft in ein silbernes Licht getaucht. Es ist der letzte Vollmond in diesem Herbst, ein Symbol des Übergangs von den langen Tagen des Sommers zu den kurzen, gedämpften Stunden des Winters. Die Veränderung der Tageslänge ist spürbar: Noch vor wenigen Wochen tauchte die Sonne den Wald frühmorgens in warmes Licht, doch nun bleibt es länger dämmrig, und die Tage wirken kürzer, selbst in ihrem hellsten Moment.
Die Tiere passen sich dieser Veränderung instinktiv an. Eichhörnchen sind geschäftig dabei, ihre Wintervorräte zu sichern, und nutzen jeden Sonnenstrahl, um noch nach Nahrung zu suchen. Die Vögel, die noch nicht in den Süden gezogen sind, wirken ruhiger – sie sparen Energie und passen ihren Rhythmus an die kürzeren Tage an. Wildschweine und Hirsche werden vermehrt in der Dämmerung aktiv, nutzen die Deckung der Dunkelheit, die durch den Vollmond allerdings heller als gewohnt erscheint.
Ein Stück des Weges führt uns auf den ehemaligen Grenzlandweg. Hier zeigt sich die Natur in ihrem Prozess der Sukzession: Brombeerranken und junge Birken haben den kahlen Boden zurückerobert, Moos überzieht alte Zäune, und kleine Bäumchen wagen ihre ersten Schritte ins Leben. Es ist ein stilles Mahnmal dafür, wie schnell die Natur ihre eigene Ordnung wiederherstellt, wenn der Mensch sich zurückzieht.
Nur hundert Meter entfernt liegt die Bundesstraße, doch ihre Geräusche werden von der Dichte des Waldes fast vollständig
geschluckt. Die Ruhe ist greifbar, fast meditativ, unterbrochen nur vom Rauschen des Windes und gelegentlichem Vogelgesang. An einer lichten Stelle am Grenzlandweg breiten wir auf einer fest installierten Sitzgelegenheit mit Tische unsere Tischdecke für unser Picknick aus. Die „Ahle Wurst“ aus der Region, begleitet von knusprigem Brot und einer frischen Birne, schmeckt nach Heimat und Tradition. Die Gespräche sind entspannt, tiefgründig und voller Verbundenheit mit der Natur.
Nach einer kurzen Steigung öffnet sich der Blick auf die umliegende Landschaft. Die Felder und Wälder strahlen noch in den letzten Grüntönen des Jahres, bevor das Braun und Gelb endgültig dominieren wird. Die Hügel scheinen im weichen Licht fast unwirklich, wie gemalt. Die kürzeren Sonnenstunden schaffen einen besonderen Reiz: Die schräg einfallenden Strahlen tauchen alles in ein goldenes Glühen, das den nahenden Winter sanft ankündigt.
Die Vorfreude auf den Abend treibt uns an. Nach der Wanderung erwartet uns der Wellness-Bereich des Wohlfühlhotels „Zum Löwen“ in Duderstadt. Ein warmes, beruhigendes Ambiente, das die müden Muskeln entspannen wird. Später genießen wir ein Abendessen aus regionalen Produkten, kunstvoll zubereitet: Wild aus den heimischen Wäldern, Gemüse aus der Umgebung und ein Dessert, das die Essenz des Herbstes einfängt.
Die Wanderung auf dem Höhenweg ist mehr als ein Spaziergang – sie ist ein Eintauchen in die Farben, Gerüche und Klänge des Herbstes. Ein Tag voller Sinneseindrücke, geprägt von den subtilen Veränderungen, die diese Jahreszeit mit sich bringt.