Mein Zimmerchen für die letzte Nacht war klein. Hatte jedoch zwei Heizkörper, die zum Trocknen der Klamotten so wichtig sind. Aber, und da ist wieder der Hacken, nachts geht hier die Heizung aus. So gegen 4.00h kroch die Kälte in mein Bett. Draußen blies ein stürmischer Wind. Die Stühle auf meinem Balkon machten krach. Ich ahnte schon, wie der neue Tag beginnen wird. Mit diesem Gedanken im Kopf konnte ich auch nicht mehr richtig einschlafen. Von meinem Zimmer habe ich den Blick auf eine riesengroße Infotafel für die Schiffer. Da wird jetzt schon die Temperatur mit 10c angezeigt. Ob das wohl stimmt? Von diesem schön gedeckten Tisch gibt es bestimmt auch ein leckeres Frühstück. Meine Enttäuschung war groß. Das war heute nicht der gewünschte Start in den Tag. Das Rad reisefertig gemacht und los ging es gegen 08.30h. Immer Richtung Osten, mein erstes Ziel Novi Sad. Von hier kommt heute auch der starke und wie ich meine, später zunehmender Wind. Die Strecke geht immer an einer mit vielen LKWs befahrenen Straße entlang. Kleiner Gang und strampeln bis der Schweiß auf der Stirn steht. Alle 30 Min Pause. Gegen 11h gebe ich auf. Vor mir eine Bushaltestelle und 200 m hinter mir ein Niederflurbus. Der kann – muss – mich jetzt mitnehmen. Nur in diesen Bus bekomme ich mein Rad rein. Es muss klappen! Die Damen vor mir steigen ein. Jetzt bin ich dran. Ich sehe schon seine Ausdruck im Gesicht. Das „No“ steht auf seiner Stirn. Ich gestikulierte und zeigte ihm starken Wind an und blicke mit hochgezogenen Augenbrauen auf die hintere Tür- noch immer „No“. Einige Insassen rufen etwas. Sie helfen. Die hintere Tür geht auf. Jetzt ist für mich Ostern!! Ich fahre mit bis zum Bahnhof nach Novi Sad. Den Busfahrer konnte ich nicht zahlen. Ich zog einen 500er Schein aus dem Geldbeutel. Er lehnt die Zahlung ab. Erst später am Bahnhof habe ich gemerkt warum. Es waren Forint. Hier wollte ich bis zum Mittag sein und die Mittagspause einlegen. Kurzentschlossen löse ich eine Zugfahrkarte nach Belgrad. Ein halber Tag Ruhepause. Das ist auch nach den letzten 36h nötig. Der Zug geht um 13h noch eine gute Stunde Zeit, Kaffee im Bahnhof ist noch drin. Der Kaffee kostet € 0.80. Die Zugkarte für mich und die guten 80 KM nochmal € 2.80. Das Rad wird beim Schaffner bezahlt. Macht dann nochmal € 1.00. Der Bahnsteig wird voller und voller. Hunderte Menschen. Es ist hier üblich auch von der anderen Bahnsteigseite einzusteigen. Bei uns undenkbar. Hier wird auch einfach über die Gleise gelaufen. Mein schweres Rad bekomme ich alleine nicht in den hohen Zugeinstieg. Gut, dass noch einige hinter mir sind und sich unfreiwillig die Hände schmutzig machen. Einer hat im Vorfeld schon gesagt, er fasst nicht mit an. Mochte er den “D“ Aufkleber an der Satteltasche nicht? Ich will es gar nicht wissen. Schon auf dem Bahnsteig ist mir an der Kleidung der Menschen die finanzielle Situation der Menschen aufgefallen. Hier herrscht noch überwiegend die Armut. Ich wünsche mir meinen Sohn jetzt dabei zuhaben. Seine und die kommenden Generation haben die mächtige Aufgabe in einem globalen Europa dafür zu sorgen, dass es allen gut geht. Der Waggon ist sehr alt. Könnte schon in den 80er Jahren bei uns ausgemustert worden sein. Es funktioniert hier nichts mehr. So viel Schmutz auf den von mir zu überblickenden 6qm habe ich noch nicht in einem deutschen Zug gesehen. Das Ein- und Aussteigen ist ein Hin- und Herschieben meines Rades. Die Tür zur Toilette fliegt immer wieder auf. Der Gestank ist nicht zu beschreiben. Immer schnell die Türe zuziehen. Ich mag gar nicht mehr aus meinen Flaschen trinken. Vorbei geht es an keinen Städten. An den Gleisen wohnen auch Menschen in Hütten. Überall der viele Müll. Die EU schafft es in diesen Ländern ein Rauchverbot im öffentlichen Raum durchzusetzen, für die Organisation des Abfalls in diesem Land ist noch keiner zuständig. Es zieht aus allen Ecken. Langsam kühle ich aus. Die Jacke ganz zuziehen, Mütze auf und auch noch die Handschuhe an. Noch zwei Stunden bis Belgrad. Beim Aussteigen sind die Jungs hilfsbereiter und packen kräftig mit an. Ich versuche ein günstiges Hotel zu finden. Von € 75 kämpfe ich mich in zwei Stunden auf € 32 runter. Na gut. Direkt am Bahnhof, die Hauptstraße unter meinem nur schlecht schließendem Fenster. Eben nur für eine Nacht. Von Ilok nach Belgrad ins Hotel habe ich jetzt auch 8h gebraucht. Die ersten 30 KM mit viel Schweiß, die restlichen KM mit viel Überwindung. Für Morgen hoffe ich auf weniger oder keinen Wind mehr aus Oste(r)n.