Mit dem Rad durch den Schwarzwald – Natur erleben, Achtsamkeit spüren, Freiheit finden

Hinterzarten, früher Morgen. Die Sonne steht noch tief, taucht den Bahnhofsvorplatz in warmes Licht. Martina und ich stehen an unseren Rädern, schauen uns an. Dieses Kribbeln im Bauch, wenn ein neues Abenteuer beginnt durchströmt uns. Keine Parkplatzsuche, kein Stress: Parkplatz P2, Monatskarte für 20 Euro. Abhaken von Termindruck. Alternativ der Tipp von uns für euch: circa 10 Km weiter an der Radstrecke ist ein Gewerbegebiet. Hier nahe bei der Bäckerei Fischbeck Drive-In, Im Bildstöckle 63 in Titisee-Neustadt gratis parken. Schnell noch ein frisches Brötchen auf die Hand – und schon beginnt unser Tag auf dem Schwarzwald-Radrundweg.

Die ersten Wegweiser sind schnell gefunden. Schwarzes Schild, weißes Fahrrad, grüner Rand, vertraut und doch verheißungsvoll. Einmal tief durchatmen. Los geht’s. Kaum sind wir im Sattel, umfängt uns dieser Wald. Fichten, so hoch und dicht, dass der Himmel nur in Streifen hindurchschaut. Der Duft eine Mischung aus Harz, Moos und Abenteuerlust. Mit jedem Meter lasse ich den Alltag hinter mir. Gedanken kommen, gehen, verflüchtigen sich wieder im Grün. Plötzlich frage ich mich: Gibt es hier eigentlich noch den Auerhahn? Früher war er der König des Schwarzwaldes. Um 1900 lebten in Deutschland noch rund 15.000 Exemplare. Doch mit dem Tourismusboom in den 60er Jahren wurde es eng für den scheuen Vogel. Heute? Vielleicht 120 bis 150 Tiere hier in den Wäldern. Ein Überlebender, ein Kämpfer. Spannend: Schon im 14. Jahrhundert war der Auerhahn ein begehrtes Festmahl. Im mittelalterlichen Kochbuch des Marxen Rumphold wird er als „Edelfederwild“ beschrieben, gegessen von denen, die es sich leisten konnten.

Hier draußen in der Stille wird mir klar, wie zerbrechlich das alles ist. Und wie schön, dass solche Arten wieder ihren Platz bekommen.

An einer sonnigen Lichtung sehen wir eine kleine Melkstelle. Kühe

stehen ruhig kauend im Schatten. Hier helfen sie aktiv mit, den Wald offen zu halten. Ihre Beweidung schützt seltene Pflanzen vor dem Zuwachsen. Naturschutz mal ganz praktisch und mit Kuhblick.

Kurz darauf fahren wir an einer beeindruckenden Holzlagerfläche vorbei. 200 Meter lang, 70 Meter breit. Und: Es riecht nach frischem Holz, feucht, kühl. Das Holz wird hier regelmäßig mit Wasser besprüht damit es keine Risse bekommt, langsam trocknet, hochwertig bleibt. Das Wasser stammt aus einem nahen Bach, wird umweltfreundlich zurückgeführt. Dieses Holz ist bestes Baumaterial, Möbel, vielleicht ein neues Fachwerkhaus entstehen daraus. Doch es ist mehr als nur Lagerplatz: Hier krabbelt, zirpt, flattert das Leben. Insekten, Amphibien und Vögel. Hier mitten im Holzlager entsteht ein kleines Biotop.

Und dann: Dieser Moment. Sonne auf erhitztem Waldboden. Fichtennadelduft. Sofort bin ich wieder 10 Jahre alt. Samstags. Badetag. „Aber nur eine Kappe!“ riefen meine Eltern immer, wenn das Badeöl in die Wanne tropfte. Dieser Duft füllte damals unser ganzes Haus. Jetzt und hier erüllt er meine Seele mit Glück.
Und dann: Dieser Moment. Sonne auf erhitztem Waldboden. Fichtennadelduft. Sofort bin ich wieder 10 Jahre alt. Samstags. Badetag. „Aber nur eine Kappe!“ riefen meine Eltern immer, wenn das Badeöl in die Wanne tropfte. Dieser Duft füllte damals unser ganzes Haus. Jetzt und hier erüllt er meine Seele mit Glück.

Mittagspause in Lenzkirch, direkt an der Kirche, direkt am Radweg. Akku laden geht wahlweise im Café oder im Kurhaus um die Ecke. Ich bestelle einen Leberkäs‘ mit Salat, danach ein großes Stück Rhabarber-Baiser-Kuchen. Leute, glaubt mir genau so schmeckt Urlaub!

Der Naturpark Südschwarzwald bietet übrigens für Familien wie für Paare echte Highlights: leichte Wanderwege, Themenpfade, Abenteuerspielplätze. Im Winter warten Skilifte, Langlaufloipen, Rodelstrecken. Vier Jahreszeiten, immer ein Erlebnis.

Weiter geht’s vorbei an grünen Feldern, dazwischen rote Mohnblumen, hier und da schon verwelkt von der Mittagssonne. Und ich frage mich: Wo sind eigentlich die blauen Kornblumen, die ich als Kind am Feldrand gesammelt habe?

Dann kommt sie! Diese eine Abfahrt. 460 Höhenmeter. Eine kleine Nebenstraße. Keine Autos, nur wir zwei und die Schwerkraft. Der Fahrtwind kühlt, die Reifen singen. Freiheit in Reinform. Fast möchte ich schreien vor Glück. Doch ich genieße es lieber still. Martina lacht, ich lache zurück. Alles richtig gemacht.

An der Wutach machen wir Halt. Früher wurde der Fluss begradigt und „aufgeräumt“. Heute darf er wieder schlängeln. Altarme, Tümpel, kleine Auwälder entstehen. Eisvögel, Bachforellen, Libellen kehren zurück. Ein echtes Erfolgsprojekt.

Wir lehnen unsere Räder an ein brückengeländer, schauen gemeinsam ins Wasser.

„Schau mal, wie klar das Wasser ist,“ sagt Martina leise.

Ich nicke. „Früher war das hier ein gerader Kanal. Jetzt darf die Wutach wieder fließen, wie sie es will.“

„Das nennt man doch Renaturierung, oder?“

„Genau. Der Fluss darf sich seinen Weg suchen. Für Fische. Für Frösche. Für Libellen. Sogar der Eisvogel kommt wieder.“

Martina lächelt. „Das ist schön. So, als ob die Natur heilt, wenn man sie lässt.“

„Und irgendwie heilt es auch uns, oder?“

„Auf jeden Fall. Kein Termindruck. Kein Handy. Nur wir. Und das Plätschern vom Wasser.“

Ein stiller Moment. Nur Wasser, Licht und dieses Gefühl: Genau hier gehören wir hin.

„Lass uns das öfter machen,“ sagt sie.

„Abgemacht. Schwarzwald, Nordsee, Alpen. Es warten noch viele Herausforderungen auf uns.“

Später der Blick von oben: Wiesen, frisch gemäht, silbern glänzend in der Sonne. Darunter dunkle Wälder, ruhig, majestätisch. Dieses Gefühl? Freiheit. Ruhe. Angekommen sein.

Unser Campingplatz bei Stühlingen an der Wurzachist klein, persönlich, familiär geführt. Wir dürfen uns den Platz aussuchen – schattig, eben, ruhig. Abendessen unter freiem Himmel. Sterne am Himmel. Müde Beine. Glück im Herzen.

Radreisen in Deutschland ist kein Abenteuer zweiter Klasse, es ist Leben pur. Hier, inmitten von Natur, zwischen Kultur und Geschichte, finde ich das, was ich im Alltag oft suche: Zeit, Ruhe, Verbundenheit.

Wenn du Natur liebst. Wenn du Geschichten spüren willst. Wenn du wieder bei dir selbst ankommen möchtest – dann steig aufs Rad. Deutschland wartet. Der Schwarzwald auch.

Bist du bereit?

2 Antworten zu “Mit dem Rad durch den Schwarzwald – Natur erleben, Achtsamkeit spüren, Freiheit finden”

  1. Ach Robert wie Poesie voll du das alles beschreibst großes Kompliment auch den Exkurs über den Auerhahn großartig! weiterhin euch beiden eine gute und erlebnisreiche Reise.LG Frank

    • Lieber Frank
      Gerne lasse ich euch an meinem Reisen teilnehmen. Die Momente des innehaltens und nachdenkens sind unbezahlbar und für meinen Geist sehr wertvoll.

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