Radtour ins Herz des Elsass. Zwischen Regentropfen, Tarte flambée und Lebensfreude

Mit dem ersten Licht des Morgens brechen wir auf und spüren sofort dieses berühmte Elsass Gefühl: den Wind im Gesicht, die weite Flur, und das Versprechen, dass Radfahren nicht nur ein Sport, sondern eine entschleunigende Meditation ist. Hier, wo sich die Hektik des Alltags in pedalloser Weite auflöst, finden wir Achtsamkeit im Tritt: Jeder Meter ist ein Atemzug, jeder Blick ein Innehalten. Und weil Lebensfreude genauso ansteckend ist wie ein Muskelkater, laden wir dich ein: Steig auf’s Rad und gönn dir dieses Gefühl, wenn sich Körper und Geist im gleichmäßigen Rhythmus vereinen.

Unsere Nacht war so unspektakulär wie ein Schäferstündchen: friedlich, ohne akrobatische Traumritt-Stunts. Der Campingplatz Dreiländereck ist eine Oase gepflegter Weite, mehrere Sanitärgebäude, ein Innenpool, Schatten spendende Laubbäume, Kinderspielplätze, Restaurant, Kiosk, Waschmaschine, Trockner, Poolbar, Tennis, Peachvolleball, Boccia und Schach. Alles, was das radelnde Tages-Camper-Herz (streng genommen) nicht braucht, gibt’s hier für faire € 37,00. Und genau das ist der Punkt: Je weniger Stress wir draußen haben, desto mehr Raum bleibt für Achtsamkeit. 

Es geht weiter, etwa 60 Kilometer Richtung Colmar. Start: 20 Grad, Nordwind frontal. Der Himmel trägt Grau und droht, uns ein Gewitterpeeling zu verpassen. Aber im Elsass sind Radwege so gut ausgebaut, dass selbst ein Regenschauer zur erfrischenden Dusche wird. Rechts und links Maisfelder, soweit das Auge reicht, bewässert von mächtigen Anlagen ein stetes Tropfen und Rauschen, das uns begleitet und daran erinnert, wie kostbar Wasser und Stille

Kurz nach dem Start taucht sie auf: Neuf Brisach, jene sternförmige Planstadt aus dem 17. Jahrhundert, Vaubans letztes Meisterwerk. Ein labyrinthisches Kunstwerk aus Wällen, Bastionen und monumentalen Toren. Belagert, beschossen, restauriert und heute UNESCO-Weltkulturerbe und ein Freiluftmuseum der Extraklasse. Kunst und Kultur verschmelzen hier mit Militärtechnik. Eine einmalige Begegnung von Ästhetik und Ingenieurskunst.

Nach ein paar Kilometern rollen wir ins Ziel: Campingplatz Colmar, direkt am Fluss, kaum zu verfehlen und perfekt gelegen. Hier findest du Stocherkahn Idylle, Rasenflächen zum Yoga, ein Bistro für den abendlichen Elsässer Kartoffelsalat Kick und alle Annehmlichkeiten, die das Radlerherz begehrt.

Mit dem Bike in weniger als zehn Minuten in die Altstadt: Immer geradeaus nach Westen, vorbei an historischen Brücken und Platanen.

Martina bleibt stehen und riecht… Spätzle? Flammkuchen? Meine Güte, schon wieder hungrig!

Ich: „Martina, stell dir vor: hier ein romantisches Fachwerkhaus, da eine Gondel im Canal…“

Martina: „Und ich stell mir vor, wir bestellen jetzt ’ne Kugel Eis und lassen die Welt vorbeiziehen.“

Colmars Altstadt ist ein Kaleidoskop aus bunten Fachwerkfassaden, gotischen Kirchen und malerischen Gassen. Im Viertel „klein Venedig“ flanieren Stocherkähne über sanfte Kanäle, während rundherum Blumenkästen leuchtend blühen. Die Restaurants servieren im Sommer herrlich leichte Gerichte wie Tarte flambée mit Ziegenkäse und Honig, Quiche Lorraine, knackige Salate mit Münsterkäse oder zart gebratene Flussfische wie Forelle. Dazu ein kühler Sylvaner oder ein prickelnder Crémant d’Alsace. Das Leben kann so einfach sein. Und wer süß abschließen möchte: ein Mirabellensorbet oder Kougelhopf in Eisform lässt kein Herz kalt. Die Elsässer pflegen eine charmante Mischung aus französischer Lebensart und deutscher Bodenständigkeit. Deutsche Einflüsse sind im Alltag spürbar, auch wenn der Bevölkerungsanteil deutscher Staatsbürger im Elsass relativ gering ist. Viel stärker spürt man die kulturelle Verbindung in Sprache, Küche und einem besonderen Sinn für Gelassenheit. Hier nimmt man sich Zeit für ein Schwätzchen, für das richtige Glas Wein und für den Moment.

Nachdem wir heute Entschleunigung und Achtsamkeit im Sattel praktiziert haben, geht es morgen weiter nach Norden. Doch eines bleibt: das Bewusstsein, dass der Weg das Ziel ist und dass Radfahren uns lehrt, mit jedem Tritt bewusster zu leben

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