Hier ist mein persönlicher Erfahrungsbericht zum Vortrag von Dr. med. M.A. Adak Pirmorady‑Sehouli von der Charité beim Kämpferherzentreffen mit dem Thema „Aussprechen, was bewegt – wirksame Kommunikation zwischen Patient:innen und dem medizinischen Behandlungsteam“ tiefgründig, ermutigend und motivierend.
Ich saß in einem gefüllten Raum im Kolonadensaal um 14 Uhr, gespannte Stille. Dr. Pirmorady‑Sehouli begann mit einem so klaren wie warmen Satz: „Eine Leitlinie ist Fluch und Segen zugleich. Der Arzt oder die Patientin darf und muss neben dieser auch denken.“ Dieser Impuls traf mich sofort, es ist ein Aufruf, im Gespräch nicht starr zu folgen, sondern zu reflektieren, zu fühlen und sich einzubringen.
Sie sprach über die Angst, Angst sei notwendig und nützlich, sie könne helfen und sogar heilen, aber in der Kommunikation sei sie hinderlich, wenn sie unausgesprochen bleibt. Wenn Ärzt:innen den Schmerz nicht aushalten können, wenn Patient:innen das Gefühl haben, sie würden nicht mehr als Mensch wahrgenommen, entsteht eine Mauer. Sie sagte: Empathie auf beiden Seiten ist der Schlüssel. Wenn Ärztin zuhört, mitfühlt, Stellung bezieht und Patientin sich traut, ehrlich zu sein entsteht Vertrauen, das wirkt.
Dr. Pirmorady‑Sehouli zitierte Albert Camus: „Ein Mensch zu sein – das interessiert mich!“Dieser Satz hallte nach. In unserer Medizin, so sie, herrscht Sehnsucht nach messbarem Erfolg: Werte, Labor, Bildgebung. Aber Gefühle? Die beeinflussen, oft unbemerkt, ob Behandlung entmenschlicht oder stärkt. Sie forderte uns heraus, das zu hinterfragen: Fühlen ist kein Nice‑to‑have, sondern Teil der Heilung.
Ihre Visuals fragil: ein kleines Bild mit verbundenen Augen, malen und plötzlich war klar: in dieser Übung steckt mehr als Kunst. Wer mit verbundenen Augen malt, malt innere Kämpfe. Ausdruck ohne äußeren Druck. Das war Sinnbilder ihrer Botschaft: Binnenraum schaffen, bei sich bleiben. nur wer sein inneres Verständnis kennt, kann sich artikulieren. Sie sprach über körperliche, non‑verbale und atmosphärische Ebenen: Stimme, Gesten, Schweigen, Raum, alles sende Botschaft.
Sie forderte uns auf, prädiktive Kodierungen zu hinterfragen: vorgefasste Erwartungen abschwächen, Vorhersagefehler nutzen, die überraschende Reaktion des Patienten als Chance sehen, statt sie überspringen. Körperhaltung prüfen, offen bleiben, nicht abschotten. Atmung sei der einfachste Sport und verbinde Außen- und Innenwelt, sie riet, in Gesprächen nicht hektisch zu reden, Atemraum zu lassen.
Ich spürte: dieser Vortrag war fachlich hervorragend und zutiefst menschlich. Er war Einladung, zum Arztbesuch vorbereitet zu kommen: sich Zeit zu nehmen, Bedürfnisse und Ängste klar auszusprechen, auch die kleinen Zweifel. Sich nicht vom Zeitdruck einschüchtern lassen, sondern selbst Verantwortung übernehmen. Patient Empowerment nannte sie das und die Inhalte ihres Vortrages kamen direkt aus der Community der Kämpferherzen als wären wir alle Teil eines lebendigen Netzwerks.
Ich verließ den Raum voller Respekt und mit einem neuen Verständnis dafür, wie Kommunikation heilen kann oder zerstören. Ich empfehle jedem und jeder von Herzen: bereitet euch vor auf Gespräche, überlegt, was euch bewegt, was ihr braucht, was ihr habt. Nehmt euch Raum. Sprecht es aus. Macht euch hörbar. Denn nur so werdet ihr als Mensch gesehen und behandelt und nur so kann echte Heilung beginnen.
Empfehlungen für das Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt:
Bereitet euch bewusst vor: Was sind eure Ziele, Ängste, Hoffnungen? Überlegt euch Fragen, die ihr stellen möchtet. Gibt es körperliche Symptome, emotionale Sorgen? Bringt diese klar und offen zur Sprache. Nutzt Pausen, hört auf euren Körper, atmet bewusst. Sagt auch: Ich brauche Zeit. Ich bin kein Fachbuch. Ich bin ein Mensch. Seid mutig genug, Emotion zu zeigen, Zweifel zu äußern. Es ist euer Recht.
Dr. Pirmorady‑Sehouli leitet als Fachärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie zudem die psychosomatische Ambulanz am Campus Benjamin Franklin der Charité . Ihr Vortrag zeigte eindrucksvoll, wie wichtig es ist, empathisch, achtsam und patientenzentriert zu kommunizieren nicht nur für den Erfolg einer Behandlung, sondern für das Menschsein selbst.