Heute morgen so gegen10.30 Uhr habe ich die „Polarlis“ verlassen. Für heute war nur der nahe Campingplatz und die Reise zum 30 km entfernten Nordkap auf meiner To do Liste. Der Menschenstrom oder auch die Karavane der reisesüchtigen im fortgeschrittenen Alter bewegte sich ganz langsam vom Schiff in die Stadt oder bog vorher in die Seitenstraße ein. Hier warteten die Busse. Die teuer zu bezahlenden Tripps gingen auf eine Krabbenfarm mit Verköstigung, oder geführt von einem „Bird watcher“ ins Naturschutzgebiet oder auch mal was ganz ausgefallenes und anderes hoch zum Nordkapp. Wo waren wohl die meisten Menschen dabei?
Am Anfang der Einkaufsstraße schlug mein Herz schneller. Welch ein Glanz. Hinter einer auffallenden Reklamefläche war ein Radladen. Super ausgestattet mit allem was benötigt wird. Ein passender Sattel war für mich auch dabei. Mit ca 22.00 € für einen Gelsattel gar nicht so teuer. Schnell war er angebaut und vorerst eingestellt. Ich fühlte mich wie ein König. Erhaben, aufrecht sitzend, hoch zu Ross. Das lächeln kehrte zurück. Nach meinem Tageseinkauf bei REMA ging es flott aus der Stadt hinaus. Hier gibt es nicht mehr so viele Straßen und Wege. Der CP ab einem See umringt von den Bergen war nach 10 km schon erreicht. Er war gepflegt und mit 160 NOK nicht zu teuer. Die sanitären Ablagen waren sauber. Nur für das warme Wasser zum duschen musste ich extra 5 NOK für 5 Minuten einwerfen. Ich stellte das Zelt auf und legte alle meine Taschen hinein. Mit dem jetzt leichten Rad sollte es möglich sein den nördlichsten, mit dem Rad erreichbaren Punkt in Europa zu erreichen. Schon nach 50 HM habe ich das erste Mal geschoben. Das wiederholte sich heute ein dutzend Male. Die Busse von Morgens kamen mir um die Mittagszeit alle wieder entgegen. Ich genoss den Ausblick und das Panorama. Nach jeder Kurve zeigte sich ein neues Bild. Die kleinen blau-grünen Seen oder auch die noch grauen Schneezungen an den schattigen Hängen verzauberten mich. Wenn da nicht nach jeder Kehre ein weiterer steiler Anstieg kam. Nach gefühlten 10 Stunden und kaum mehr als 14 km fragte ich zwei Jungs aus Melsungen und Fuldabrück, die hier oben in einer Wiese zelteten, wie den der weitere Weg verläuft. Hätte ich mal nicht tun sollen jetzt war die Motivation ganz im Eimer. Die (unendlich lange und steile) Straße noch hoch oben dann runter und das ganze noch zwei mal. Dann hast du es geschafft! Danke für die freundliche Auskunft. Bei meiner vorletzten Abfahrt waren doch rechts von mir wirklich Rentiere. Zwei mit weisem und eines mit braunem Fell. Die armen Tiere habe ich mit meinem Freudenschrei verschreckt. Abgebremst für ein Foto habe ich nicht. Zum einen, weil die hinteren Beläge der Bremse abgefahren sind und zum anderen weil ich diesen Schwung zum weiterkommen ausnutzen wollte. Es kommen ja noch weitere Möglichkeiten.
Hinter mir zog ein Regenband heran. Meine Regenkleidung lag auf dem CP. Es verzog sich aber durch den stetigen Wind in ein Seitental.
Zwei Iren kamen mir entgegen. Sie strampelten doch mit dem vollgepackten Rad diese Berge hoch. Respekt und Hut vor den Jungs ab. Ich brachte es nicht über das Herz sie zu stoppen und ein Gespräch zu führen.
Immer wieder tauchte die durch die Wolken scheinende Sonne die Seen in ein anderes Licht. Auf den Fjorden schienen Millionen von Lichtern zu glänzen.
Mittlerweile hatte ich 750 HM auf der Spule. Kein Ende in Sicht. Allesamt waren heute die Kraftfahrer mit zwei, vier oder mehr Rädern sehr aufmerksam. In den Haarnadelkurven mussten sie oft in den kleinen Gang schalten. Ich traute mich nicht nur mir der Vorderbremse allein zu bremsen und noch schneller zu fahren. Sie alle zollten mir durch Winken, Hupen oder Daumen hoch ihren Respekt. Die 18-21 Grad waren durch den Wind nicht zu merken. Ich zog schon bald meine Jacke über. So, wie komme ich heute und hier zu meinem Foto. Beim heranrollen hatte ich schon alle Blicke auf mich gezogen. Ich rief nur laut “ Wer möchte heute das Big Picture von mir machen?“ Viele lachten und es fand sich auch eine Dame die nach meine Wünschen knipste. Durch die Höhe gibt es keine der imposanten Wasserfälle mehr. Jetzt sind es kleine Rinnsale. Mit der normalen Buslinie fuhr ich wieder zurück zum CP. Das schöne an diesem Platz ist auch die Küche und der Waschraum mit Trockner. Beides habe ich heute genutzt. Zumal ich morgen 16 Stunden auf dem Dampfer mit sauberen und mit einer Überdosis Parfum eingeölten Menschen zubringen darf. Das Abendessen war für mich eine lustige Angelegenheit. Zuerst zauberte eine betagte Schweizerin, korrekt mit der Küchenschürze gekleidet, einen Salat, Spaghetti, die am Topfboden klebten und einer Tomatensauce aus dem Glas ein tolles Menue. Danach kamen die Französinnen, allesamt mit einem lauten Organ ausgestattet zum Zug. Ach ja. Ich hatte meine Nudeln aus der Tüte zwischendurch auch noch gegart. Es klappte alles gut. Gehabert hat es dann aber doch noch. Die Schweizer Gruppe redete und redet und keiner machte den gestapelten Abwasch. Ein Schwede machte einen Ansage und schon ging es wieder. Ich
aimüsierte mich köstlich.
So die Wäsche ist jetzt auch fertig und in den Taschen für Morgen verstaut. Um 11 Uhr muss ich am Pier sein. Das sollte zu schaffen sein. Und auf was freue ich mich morgen Abend? Gerne erwarte ich eure Lösungen.
Für heute ist es genug.
Morgen reden wir mal wieder über die Mukoviszidose Selbshilfegruppe e.V. in Kassel.