F – 01.04.2012 Blois nach Thibauld (EV6)

Heute ist Sonntag. Ich habe mir 1h mehr Schlaf gegönnt. Die letzten Nachtschwärmer waren um 6h lärmend auf der Straße zu hören. Ich hatte in der letzen Nacht noch Besuch von einer ganz besonderen Person. Doch von Anfang an. Ich lag schon in Bett und war eingeschlafen. Die Balkontüre schepperte und ich dachte, da sie nicht richtig zu war, hat der Wind sie aufgestoßen. Die Tür war zu. Ein Geräusch, ähnlich als ob jemand einen Stuhl über den Teppich schiebt und dazu ein ähnliches als ob jemand eine Flasche auf den Holztisch stellt, lassen mich aufhorchen. Ich ging auf zur Tür, um nachzusehen. Alles war in Ordnung. „Mach das Licht aus und setz dich zu mir“, sagte eine leise Stimme. Die Stimme zog mich in ihren Bann. Ich ging zum Lichtschalter und machte das Licht aus. „Bring noch die Plastikbecher aus dem Bad mit“ sagte die Stimme. „Du hast sie wohl nicht mehr alle“ sagte ich so vor mich hin. Doch die Stimme sprach abermals ruhig und sonorig zu mir. „Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Christ, Williams. Ich komme ursprünglich aus Schottland und bin eine Adeliger. Ein Geborener von Leua. Vor einigen hundert Jahren, als wir in Schottland genügend Geister hatten, wurde ich erwerbslos. Um ein gutes Auskommen zu haben, bin ich nach Österreich ausgewandert. Auf der Tauplitz Alm bekam ich eine neue Aufgabe… Schenk schon mal ein“, wurde mir aufgetragen. Einschenken kann ich ja – und machte die beiden Becher mit zitrigen Händen halb voll. „Ich weiß du magst das klare Zeug nicht so gerne“ sagte der Geist zu mir. Überrascht und sprachlos nickte ich hastig.
Mit einem „voooon Uuuunten“  kippten wir den Obstler hinunter. Meine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Ich sah ihn mir genauer an. Weisses, Schulterlanges, glattes Haar schimmerte im Licht des wachsenden Vollmonds. Das blasse von der durch die Arbeit der letzten Jahrhunderte gealterte Gesicht, wurde von kräftigen weißen Augenbrauen eingerahmt. Die blassen Lippen werden durch einen weißen Ober- und Unterlippenbart eingerahmt. Er erzählte viel. Und zum Schluß durfte ich ihm drei Fragen stellen. Er wollte sie alle beantworten. Ich habe ihn von einer Freundin in Berlin erzählt. Sie trägt oftmals Kleider aus den 60ern und hat ein Problem mit ihrem Lächeln. Durch das hohe Amt, das sie innehat drängt ihr eine Frage sehr. „Kannst du ihr sagen, wann die Deutschen in Ost und West endlich vereint sind?“ „Ja, das ist in ca. 60 Jahren, weit nach ihrer Amtszeit.“ Ich schaue ihm auf die Füße. Sie sind verkümmert, ja fast sehen sie aus wie Pferdefüße. „Warum hast du so verkrüppelten Füße“ frage ich neugierig, ja fast mitleidig. „Das kommt durch die Skischuhe der letzten Jahrhunderte. Einmal passen sie nicht, ein Andernmal sind mir die Zehen erfroren.“ „Das kann heute nicht mehr passieren“ antworte ich. „Geh doch mal zu Sport Sperk!“ Mit seinem Skistock knallt er zornig auf den Boden und sagt „Ärgere mich nicht!“ Nun gut, die nächste Frage. „Sag doch meinem Freund in den USA, wann endlich auf der ganzen Welt Frieden ist!?“ „Oh das ist in 100 Jahren, weit nach seiner Amtszeit!“ Die letzte Frage von mir persönlich: „Sag doch mal ganz ehrlich, wann der FSK WISPO nicht mehr zu dir, zur Tauplitz Alm fährt.“ „Oh, Oh, Oh das kann ich dir sagen. Es ist weit nach meiner Zeit.“… Der morgen graut und die Flasche ist fast leer. Er verabschiedet sich mit den Worten „Auf Tauplitz habe ich zur Zeit eine Menge zu tun. Die brauchen mich dort!“ Ich gehe ins Bett und schlafe schnell ein. Am nächsten morgen, ich schlafe eine Stunde länger erinnern nur noch die Dellen im Boden an seine Anwesenheit….
Die Temperatur wird mit 15c angezeigt. Kein Wunder das Rad war ja an der Heizung angekettet. Draußen die Realität. 3c. Gut, dass ich die lange Hose angezogen habe. Durch das verschlafene Blois geht es in Richtung Baugency. Dort möchte ich um 13h sein. Es macht keinen Spaß. Der Wind hat sich heute verstärkt. Jetzt schnell die positive Einstellung finden. In der Ferne höre ich ein dumpfes WAU. Ein helles WAU WAU antwortet. Die Vorboten auf die folgenden Stunden. Heute ist Herrchen, Frauchen und Hundchen Tag. Überall laufen sie auf dem Deich herum. Wo sind die nur unter der Woche? Ich habe die Route an der Loire gewählt. Die alternative Strecke geht in die Berge. Das brauche ich nicht nocheinmal. Im Wald ruft der Kuckuck. Na welche Vogelfamilie hast du heute ausgelöscht? Du Parasit. Ein altes Sprichwort sagt “Wenn du den Kuckuck rufen hörst, muss du dein Portemonaie schütteln bis die Münzen klimpern“. Heute mit den Plastikkarten geht das nicht mehr. Ich hab es ausprobiert. Wieder ein altes Sprichwort gestorben. Ich Ruhe mich in Lestiou aus. In einem kleinen Park finde ich einen windstille Stelle. Ich kämpfe mich weiter durch bis Orleans. Eines meiner großen Etappenziele. Auf dem Marktplatz lasse ich mich mit Jean de Arg fotografieren. Ich suche ein Bistro, um in der Sonne zu verweilen, Kraft zu tanken und die kalten Zehen aufzuwärmen. Der Kaffee und die Cola tun gut. Ich genieße den Ausblick. Der Kellner spült meine Flaschen aus und füllt mit Sodawasser auf. Ein toller Service. Ich fahre weiter bis St. Denis de Hotel. Dort finde ich mit 1 h Wartezeit ein Zimmer zum Schlafen. Auf das Frühstück verzichte ich in Zukunft. Für die Leistung zu teuer. Der Tacho zeigt heute – 97.5 Km in 6.50 h mit 296 HM und einer maximalen Steigung von 11%. Hier im Ort gibt es kein Restaurant mehr. Auf einem Parkplatz einen Pizzawagen. Da gehe ich jetzt hin.

Der Wind - sichtbar gemacht

Der Wind – sichtbar gemacht

Der Pizzawagen

Der Pizzawagen

7 Antworten zu “F – 01.04.2012 Blois nach Thibauld (EV6)”

  1. Lieber Robert,
    ich bin so beeindruckt, von Deiner Stärke und Deinem Durchhaltevermögen- schon jetzt!
    Deine Texte sind eindrucksvoll…ich bewundere Dich für Deinen Mut und Deine Zielsetzung. Komm gesund zurück!
    Wir denken an Dich und freuen uns bei einem leckerem französischen Rotwein von Dir erzählt zu bekommen- wir werden staunen.
    Liebe Grüße aus Lohfelden Bettina und Co

    • Frohe Ostern liebe Bettina & Co
      Danke die recht herzlich fuer die aufmunternden Worte. Das mit dem Rotwein ist gut gemeint. Bedeke jedoch das bei einem entsprechenden Spendenbeitrag das Menue mit dabei ist. Lass dich nicht Lumpen!! Beste Gruesse. Robert

  2. Ohwei, ich denke meine guten Wünsche müssen erweitert werden auf:
    „Ich wünsche dir den doofen Gegenwind nicht und wenn er kommt, dass er schnell wieder verschwindet, beziehungsweise die Richtung ändert und dich ein bisschen anschiebt!“
    Gutes radeln, weiterhin- ich und viele andere sind in Gedanken bei dir, auch wenn du so weit weg bist!
    <3

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